Rechte und Pflichten - Versicherungen

Augen auf bei Schadensteuerung durch Kfz-Versicherer

 

Nach einem unverschuldetem Verkehrsunfall hat der Geschädigte gegen den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung Anspruch auf Ersatz der unfallbedingt entstandenen Kosten.
Hierzu zählen unter anderem Reparaturkosten, Mietwagenkosten / Nutzungsausfallentschädigung, Sachverständigenkosten, Anwaltskosten, Heilbehandlungskosten, Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Haushalthilfe etc..
Bei den Reparaturkosten hat der Geschädigte die Möglichkeit entweder die Reparatur durchführen zu lassen (Naturalrestitution) oder sich den für die Reparatur erforderlichen Geldbetrag auszahlen zu lassen (fiktive Abrechnung).
Der Geschädigte ist Herr des Verfahrens und unterliegt keinerlei Weisungen des Schädigers oder seiner Versicherung. Insbesondere ist er berechtigt, die Reparatur in einem Betrieb seiner Wahl durchführen zu lassen.
Das Bestreben einiger Versicherer, Kfz-Betriebe zu sogenannten Vertrauenswerkstätten oder Partnerwerkstätten zu machen, führt im Ergebnis dazu, dass diese Kfz-Betriebe sich verpflichtet fühlen oder vertraglich verpflichtet werden, aktiv Einfluss auf die Abwicklung des Unfallschadens zu nehmen. Betriebe werden aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass Kfz-Sachverständige nicht hinzugezogen werden, dass Anwälte nicht beauftragt werden, dass die Ermittlung der Wertminderung in die Belange des Versicherers fällt oder dass der Reparaturweg mit dem gegnerischen Versicherer statt mit dem eigenen Kunden abgestimmt wird.
Mit dem Versprechen, künftig geschädigte Autofahrer bewusst in Partnerwerkstätten zu lenken, suggerieren einige Versicherer, dass sie in der Lage seien, bestimmten Betrieben eine höhere Auslastung zu verschaffen und erwarten im Gegenzug deutliche Reduzierungen bei Stundenverrechnungssätzen, UPE-Aufschlägen, Verbringungskosten etc. sowie die Ausschaltung von Anwälten und Sachverständigen. Dieses Versprechen der Versicherer, Kunden in bestimmte Werkstätten lenken zu können, muss scheitern, falls der Betrieb selbst in der Lage ist, seinem Kunden klarzumachen, dass der Kunde gut beraten ist, wenn er in seinen Vertrauensbetrieb statt in den Partnerbetrieb des Versicherers geht.
Jeder Partnerbetrieb der Versicherung läuft Gefahr, dass eine immense Rufschädigung eintritt, wenn erst bekannt wird, dass dieser Partnerbetrieb zum Teil gegen die Interessen seines Kunden mit der gegnerischen Versicherung eng zusammenarbeitet. Durch die Verpflichtung des Partnerbetriebes, aktiv in die Abwicklung des Unfallschadens für den Kunden einzugreifen, läuft der Betrieb überdies Gefahr, wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz kostenpflichtig abgemahnt zu werden. Darüber hinaus erscheint bei dem System der Partnerwerkstätten keinesfalls ausgeschlossen, dass geschädigte Autofahrer ihre Rechte nicht in vollem Umfange wahrnehmen können. Nicht zu unterschätzen ist auch das Risiko, das Garantie- oder Gewährleistungsansprüche nicht mehr in vollem Umfange erhalten bleiben, falls die Unfallinstandsetzung durch einen Partnerbetrieb der Versicherung erfolgt. Gerade die Herstellergarantie ist oft geknüpft an die Verpflichtung, in einem markengebundenen Betrieb instandsetzen zu lassen. Verlässt sich der Kunde hier möglicherweise auf einen nicht markengebundenen Partnerbetrieb der Versicherungswirtschaft, muss er erhebliche Nachteile in Kauf nehmen. Der geschädigte Autofahrer benötigt qualifizierte Kfz-Reparaturbetriebe, zu denen er Vertrauen hat.
Vertrauensbetriebe der Versicherungswirtschaft lösen oft das Misstrauen des geschädigten Autofahrers aus. Jeder Geschädigte ist nach einem unverschuldetem Verkehrsunfall gut beraten, qualifizierten Sachverstand in Anspruch zu nehmen. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes und vor allen Dingen eines unabhängigen Kfz-Sachverständigen ist daher unverzichtbar. Hierdurch wird im übrigen auch der Kfz-Betrieb vor eventuellen Ansprüchen des Geschädigten oder der Versicherung geschützt.
Ein geschädigter Autofahrer ist gut beraten, sich auf eine Schadensteuerung durch den Versicherer nicht einzulassen. Nach einem unverschuldetem Unfall sollte er von seinem Recht, auf Kosten des Versicherers des Unfallgegners, Rechtsanwalt und Kfz-Sachverständigen zu beauftragen, Gebrauch machen. Beweissicherung, Schmerzensgeld, Wertminderung, Restwert, korrekte Reparaturkosten, fiktive Abrechnungsmöglichkeit sind nur einige wenige Punkte, die man nicht allein dem Unfallverursacher überlassen darf. Auch die Automobilclubs ADAC und AvD warnen daher vor dem sogenannten Schadenmanagement der Versicherer.

BVSK April 02

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